Warum ich Als Autorin manchmal nicht schreibe
Schreiben bringt die schlechtesten Seiten in mir hervor. Das denke ich während ich den Kühlschrank aufreiße und schaue, was da sonst noch so ist. Nicht dass ich das immer machen würde - es gibt Dinge, die tue ich nur dann, wenn ich schreibe.
Die Deadline ist schon lange klar. Ich habe sie selbst vorgeschlagen. Sieben Tage habe ich für die neue Fassung. Der Redakteur hat mich noch gefragt: Schaffst du das? Ich sagte selbstbewusst und ohne zu zögern: ja. 6 einhalb Tage ist dann nichts passiert, außer dass ich die ganze Zeit dachte: Ich denke ja immer innerlich über den Text nach. Das ist ein wichtiger Prozess.
In dem einen halben Tag passiert dann: alles. Wirklich ALLES. Ich beginne da zum ersten Mal, den Text wirklich zu überarbeiten. Ich mach mir Kaffee, obwohl ich sonst keinen trinke. Ich fühle mich schon nicht so gut - aber ich weiß, dass das bald noch schlimmer wird.
Ich habe in der Nacht davor kaum geschlafen und fragte mich am Morgen: warum? Ich dachte: Die Deadline kann es ja nicht sein - ich schaffe das ja locker.
Vor 2 Jahren habe ich das allererste Mal eine Deadline nicht eingehalten. Ich habe auch nicht gesagt, dass ich sie nicht einhalten werde. Ich habe einfach nur den Text zum vereinbarten Zeitpunkt NICHT abgeschickt. Das war alles. Keine Nachricht. Einfach nur nicht abgeschickt.
Am nächsten Tag habe ich meinen Text zu Ende gebracht und dann nochmal einen Tag gebraucht, bis ich wirklich zufrieden war. Dann: abgeschickt.
Das hat mich irgendwie befreit damals.
Mein Freund meinte: Aber du kannst doch nicht einfach den Text nicht schicken. Ich meinte: Ohne meinen Text können die eh nicht arbeiten. Ich fand, das klang gar nicht so schlecht.
Na ja zumindest ist damals nichts passiert. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass mein Redakteur die Deadline vergessen hatte. Er hat nicht nachgefragt in den zwei Tagen, in denen ich den Text nicht abgeschickt habe (ich hätte auch wirklich keinen Plan B für diesen Fall gehabt)- und danach hat er auch nichts gesagt.
Das beruhigt mich jetzt, zwei Jahre später, schon noch, während ich die Bettwäsche abziehe. denn das muss jetzt schon noch gemacht werden und außerdem denke ich ja dabei nach.
Ein Freund fragte mich letztens wie viele Stunden die Woche ich denn arbeiten würde. Ich sagte: Puh, viele, lass uns gar nicht erst damit anfangen. Er sagte: Mehr als 40? Ich schaute ihn ungläubig an- ja, na klar sagte ich und dachte an die Wochenenden und die Nächte, in denen ich schrieb. Er hingegen dachte an meine vielen Wege zu verschiedenen Cafés und meinte, dafür hätte ich aber verdammt viel Zeit zum Kaffee trinken.
Ich sagte darauf nichts - denn ganz ehrlich? Was sollte ich darauf sagen. Die Arbeitszeiten sind halt anders… Tatsächlich sagte er das dann noch selbst: Du arbeitest auch viel abends. Hmmm - sagte ich nur.
Ich teile viel auf Instagram aber das Schreiben teile ich so gut wie nie. Nur wenn etwas Witziges passiert, was ich gut auf einem Foto einfangen kann. Als ich letztens in der Werkstatt war und dort gefragt habe, ob ich während der Reparatur meines Autos irgendwo warten und schreiben kann. Und dann bot man mir eine Ecke eines viel zu zugramschten Tisches an, auf dem Kippen und Cola standen und dann habe ich noch eine Dose Red Bull geschenkt bekommen und eine kleine Tüte Nicnacs. Davon habe ich ein Bild gemacht, aber seien wir ehrlich, da geht es ja nur bedingt ums Schreiben.
Die Dose Red Bull habe ich komplett getrunken, die Nüsse dazu gegessen. Beim dritten Aufreißen meines Kühlschranks sehne ich mich jetzt nach den beiden Produkten. Ich habe mir ein Verbot auferlegt, zu Rewe zu gehen. Nein, sage ich laut zu mir, nein, wir können das Haus jetzt nicht mehr verlassen. Wir brauchen jede Minute.
Dann laufe ich 5 Minuten im Zickzack durch die Wohnung. Dann fange ich an, einen vollkommen anderen Text zu schreiben als den, den ich bearbeiten muss. Ich fange diesen Text hier an.
Ich atme laut aus, als ich jetzt hier an diese Stelle komme. Und jetzt?
Manchmal schreibe ich nicht, weil ich genau diesen Zustand vermeiden will. Ich kenne ihn so gut. Und es gibt keinen Weg um ihn herum. Und jetzt? Sage ich laut.
Man muss das heutzutage immer dazu sagen: Bitte geben Sie mir keine Tipps.